Newsletter
abonnieren

 

C2. Gemeindeeigenes Land nur noch im Baurecht abgeben

Kommunale Bodeninitiativen nach dem Motto «Boden behalten – Stadt gestalten» waren in den letzten Jahren vielerorts erfolgreich. Ihre Forderung: städtisches Land soll nicht länger verkauft, sondern nur noch im Baurecht abgegeben werden dürfen. Diese Entwicklung ist sehr erfreulich, legen die Initiativen doch den Grundstein für eine aktive Wohnungspolitik der Gemeinden.

Es gab in den letzten Jahren viele erfolgreiche Beispiele von kommunalen Bodeninitiativen, etwa in Adliswil, Basel, Binningen, Bülach, Emmen, Luzern, Sursee, Pratteln, Uster oder Winterthur. Häufig enthalten sie gewisse Einschränkungen. So gelten in Adliswil z.B. Ausnahmen, wenn das Grundstück kleiner als hundert Quadratmeter ist, an eine gemeinnützige Organisation verkauft oder für ein öffentliches Bauvorhaben des Kantons oder des Bundes benötigt wird.

Was muss man beachten?
  • Es kann sinnvoll sein, wenn man wie im Beispiel von Binningen auch eine aktive Bodenpolitik und den Erwerb von Immobilien fordert. Es kann aber auch eine Angriffsfläche für Gegner:innen sein.
  • Gewisse Ausnahmen bzw. ein gewisser Handlungsspielraum für die Gemeinde kann sinnvoll sein (siehe Beispiel Bülach)
  • Es kann sinnvoll sein, wie beim Beispiel Adliswil den Verkauf an gemeinnützige Organisationen als Ausnahme vorzusehen. Es kann aber auch eine Angriffsfläche für Gegner:innen sein.

Welches sind Vor- und Nachteile?
Vorteile:
  • Das Anliegen, gemeindeeigenen Boden nicht mehr zu verkaufen, wird breit getragen. Es ist sogar in bürgerlich geprägten Gemeinden mehrheitsfähig.
  • Die Initiative entfaltet eine nachhaltige Wirkung. Mit dem Verbot bzw. der Einschränkung des Verkaufs von städtischem Land legt sie den Grundstein für eine aktive Wohnungspolitik der Gemeinden. Durch die Wertsteigerung des Bodens wirkt sie sich längerfristig positiv auf die Gemeindefinanzen aus. Denn die Einnahmen aus Baurechtszinsen übersteigen über die Jahrzehnte den Erlös aus einem Verkauf.
Nachteile:
  • Wenn Gemeinden ihr Land nicht mehr verkaufen, hat das nicht zwingend einen direkten Einfluss auf die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Wie kann die Initiative formuliert werden?

Adliswil - Volksinitiative «Boden behalten – Adliswil nachhaltig gestalten» - angenommen (Februar 2020)

Ergänzung der Gemeindeordnung der Stadt Adliswil:
Art. 3bis (neu)
1 Grundstücke, die im Eigentum der Stadt Adliswil stehen, dürfen unter Vorbehalt von Absatz 2 nicht verkauft werden.
2 Ein Verkauf oder Tausch von Grundstücken, die im Eigentum der Stadt Adliswil stehen, ist zulässig, wenn: die Fläche des Grundstücks 100 m² nicht übersteigt, für das zu verkaufende Grundstück mit Bezug auf Fläche und Nutzung in den letzten fünf Jahren gleichwertiger oder vergleichbarer Ersatz geleistet wurde, oder deren Verkauf an eine gemeinnützige Organisation oder zur Realisierung von öffentlichen Bauvorhaben des Kantons oder des Bunds erfolgt.
2 Die Abgabe eines Grundstücks im Baurecht bleibt davon unberührt.

Stadt Bülach - Bodeninitiative - angenommen (Oktober 2021)

Die Gemeindeordnung der Stadt Bülach wird wie folgt geändert:

Art. 3a Grundstücke (neu)
1 Grundstücke im Eigentum der Stadt Bülach verbleiben im Grundsatz in deren Eigentum.
2 Grundstücke können Dritten zur befristeten Gebrauchsüberlassung (z.B. Baurecht, Miete) zur Verfügung gestellt werden.
3 In Abweichung von den Absätzen 1 und 2 kann das Eigentum an Grundstücken Dritten übertragen werden, namentlich wenn:
a) die Übertragung für Projekte im öffentlichen Interesse erforderlich (z.B. Strassen- oder Wasserbau, Meliorationen) ist;
b) dieses innerhalb des Baugebiets zur Herstellung oder wesentlichen Verbesserung der Erschliessungssituation benötigt wird;
c) für das zu verkaufende Grundstück innert maximal fünf Jahren vor der Veräusserung ein Grundstück, welches in Bezug auf Fläche, Ausnützung und Nutzung vergleichbar ist, erworben wurde;
d) der Verkauf an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfolgt.
4 Über weitere Ausnahmen entscheidet das Stadtparlament mit 2/3Mehrheit.
 

Gemeinde Binningen - «Binninger Boden behalten» - angenommen (September 2020)

Die unterzeichnenden, in Binningen stimmberechtigten Schweizer Bürgerinnen und Bürger verlangen gestützt auf § 7 der Gemeindeordnung Binningen, dass das Finanzreglement der Gemeinde Binningen wie folgt geändert wird:
§ 8a Zuständigkeit des Gemeinderates im Bereich Immobilien
Der Gemeinderat übt seine Kompetenz im Rahmen von § 44 Absatz 1 Buchstaben b) und c) der Gemeindeordnung Binningen unter Vorbehalt von §§ 8b und 8c aus.
§ 8b Erwerb und Veräusserung von Immobilien
Der Gemeinderat betreibt eine aktive Bodenpolitik und fördert den Erwerb von Immobilien.
§ 8c Veräusserungseinschränkungen
1 Gemeindeeigene Immobilien, die in der Gemeinde Binningen liegen, werden grundsätzlich nicht veräussert, können Dritten jedoch insbesondere im Baurecht zur Nutzung überlassen werden.
2 Zulässig ist eine Veräusserung, wenn die Nettoveränderung von vergleichbaren Immobilien jeweils über 5 Jahre ausgeglichen oder positiv ausfällt.
3 Vergleichbar sind Immobilien innerhalb derselben Bauzone und Immobilien ausserhalb der Bauzonen.
4 Die Nettoveränderung berechnet sich aus der Grundstücksfläche von erworbenen abzüglich derjenigen von veräusserten Immobilien. Abgaben im Baurecht werden dabei nicht berücksichtigt.
Übergangsbestimmung:
Vorstehende Bestimmungen treten sofort nach ihrer Annahme durch die Stimmberechtigten in Kraft.