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F. Strategische Grundlagen erarbeiten

Eine Volksinitiative kann auch zum Ziel haben, dass sich die Gemeinde bzw. Stadt vertieft mit ihrem Wohnungsangebot auseinandersetzt und sich Gedanken macht, in welche Richtung sie sich weiterentwickeln will. In Parlamentsgemeinden ist die Forderung nach einer Wohnstrategie bzw. nach der Erarbeitung von entsprechenden Grundlagen eine klassische Materie für einen parlamentarischen Vorstoss. In Gemeinden mit Gemeindeversammlungen kann eine Einzelinitiative oder eine Volksinitiative diese Forderung (neben anderen) aufgreifen. Eine Volksinitiative nur für diese Forderung wäre wohl den Aufwand nicht wert.

Oft ist das Erarbeiten von strategischen Grundlagen auch ein erfreuliches Nebenprodukt von Volksinitiativen für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau. Wenn sich die Gemeindeexekutive mit einer Initiative beschäftigen muss, lässt sie häufig einen vertieften Bericht zum Wohnraumangebot erarbeiten, z.T. auch von externen Beratungsbüros. In der Stadt Luzern zum Beispiel hat der Stadtrat die Initiative «Für zahlbaren Wohnraum» zum Anlass genommen, dem Parlament einen umfassenden Bericht zur städtischen Wohnraumpolitik zu präsentieren. In Bern und in Köniz haben die 2014 respektive 2015 angenommenen Wohninitiativen die Gemeinden dazu angeregt, je eine Wohnstrategie (Wohnstrategie Bern; Wohnstrategie Köniz) zu verabschieden.

Auch viele andere Gemeinden haben – ohne den Druck einer Volksinitiative – kommunale Wohnraumstrategien oder Berichte zur Wohnungspolitik erarbeitet. Das Bundesamt für Wohnungswesen hat eine Vielzahl von entsprechenden Dokumenten zusammengetragen:
https://www.bwo.admin.ch/bwo/de/home/wohnungspolitik/wohnungspolitik-gemeinden.html
Klicken Sie dafür auf der oben genannten Webseite unter «Weitere Informationen» auf den Reiter «Beispiele».

Welche Varianten gibt es?
In Luzern, Biel und Thun regelt eine Charta die Zusammenarbeit von Stadt und gemeinnützigen Wohnbauträgern. Darin ist unter anderem beschrieben, welchen Beitrag die Stadt und welchen die gemeinnützigen Bauträger zu einer lebenswerten Stadt leisten.

Wie kann die Initiative formuliert werden?

Beispiel für einen Mustervorstoss im Parlament

Postulat Wohnraumpolitik- und strategie

Der Gemeinde-/Stadtrat (Exekutive) wird beauftragt, eine Wohnraumpolitik und -strategie zu beschliessen, die eine sozial und altersmässig gut durchmischte Zusammensetzung der Bevölkerung gewährleistet. Dazu betreibt die Gemeinde eine aktive Bodenpolitik und bewirtschaftet ihr Liegenschaftenportefeuille zielgerichtet. Der Verkauf von Liegenschaften ist auf Ausnahmefälle beschränkt, die Abgabe im Baurecht wird bevorzugt.

Begründung:
Die Stadt XY als grösseres Zentrum einer Region ist ein attraktiver Wohnort. Die Mietkosten für Wohnungen sind deshalb überdurchschnittlich hoch. Bei den Neubauten dominieren teure Eigentumswohnungen. Eine gute soziale Durchmischung ist deshalb gefährdet. Mit der vom Gemeinde-/Stadtrat definierten Liegenschaftspolitik und einer entsprechenden Strategie sollen insbesondere der gemeinnützige Wohnungsbau und die Wohnbaugenossenschaften erhalten und gefördert werden. Die Bewirtschaftung des eigenen Immobilienportefeuilles soll aktiv gestaltet werden, auf Verkäufe ist grundsätzlich zu verzichten. Die Bedürfnisse der Bevölkerung, eine hohe Lebensqualität und eine sozial gut durchmischte Stadtbevölkerung sollen in Zukunft im Ausgangspunkt einer ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Liegenschaftspolitik sein.