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E. Kommunaler Wohnungsbau / Stiftung oder Genossenschaft gründen

Kommunaler Wohnungsbau bedeutet, dass die Gemeinde auf eigenem Land Wohnungen baut und diese vermietet, meist im preisgünstigen Segment. Er ist traditionell in vielen Städten verbreitet, etwa in Genf, Biel, Zürich oder Bern. Voraussetzung um den kommunalen Wohnungsbau voranzutreiben ist, dass die Gemeinde über eigenes Land verfügt oder dieses erwirbt (siehe C3. Land oder Liegenschaften erwerben).

Viele Städte oder Gemeinden haben auch eigene Stiftungen oder Genossenschaften gegründet, die Wohnungen erstellen oder erwerben und diese nach Kostenmiete vermieten. So wurde etwa in der Stadt Baden 2012 die Wohnbaustiftung Baden gegründet. Sie wurde durch die Volksinitiative «Baden für alle – für bezahlbare Wohn-, Kultur- und Gewerberäume in der Stadt Baden» der SP angestossen. Nach Einreichen der Initiative im September 2010 beschloss der Einwohnerrat von Baden, eine Wohnbaustiftung zu gründen. Daraufhin zog die SP ihre Initiative zurück. Im Mai 2011 stimmten die Stimmberechtigten der Gründung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung mit einem Eigenkapital von 10 Millionen Franken zum Bau von Wohnungen deutlich zu. Damit können rund 100 preisgünstige Wohnungen erstellt werden.
In der Stadt Zürich wurde im März 2013 die Initiative «Bezahlbar und ökologisch Wohnen» der Grünen mit 75 Prozent angenommen. Diese forderte die Gründung einer Stiftung, die preisgünstige und ökologisch Wohnungen sowie Gewerberäume schafft. Mit dem Volksentscheid wurde der neuen Stiftung Einfach Wohnen ein Stiftungskapital von 80 Millionen Franken aus der Stadtkasse zugewiesen.

Was muss man beachten?
  • Der Vorteil von Stiftungen und Genossenschaften ist, dass Projekte im Vergleich zum kommunalen Wohnungsbau flexibler und schneller umsetzbar sind. Es braucht z.B. keine langwierigen politischen Verfahren bei einem Landkauf.
  • Während der organisatorische Aufwand für die Gemeinde beim kommunalen Wohnungsbau hoch ist, reduziert sich dieser bei der Gründung einer Stiftung oder einer Genossenschaft (Stiftungs/Genossenschaftsgründung, Reglement).
  • Der Einsitz von Gemeindevertreterinnen und vertretern im Stiftungsrat oder der Genossenschaftsverwaltung stellt sicher, dass die Gemeinde langfristig Einfluss nehmen kann.
  • Weder der kommunale Wohnungsbau noch die Gründung eines gemeinnützigen Bauträgers bedingt eine spezifische Gesetzesgrundlage auf kommunaler Ebene, jedoch braucht es die Zustimmung der kommunalen Gremien zu den Investitionen (Ausstattung der Stiftung/Genossenschaft mit Land und allenfalls Kapital).

Welches sind Vor- und Nachteile?
Vorteile
  • Beim kommunalen Wohnungsbau bleibt die Gemeinde Besitzerin von Land und Bauten und hält sich damit langfristig Handlungsmöglichkeiten offen. Auch bei einer Stiftung oder einer Genossenschaft kann sie Einfluss auf deren Ausrichtung nehmen, u.a. über die Formulierung der Statuten.
Nachteile
  • Hoher finanzieller Aufwand (Investitionskosten beim kommunalen Wohnungsbau bzw. Stiftungskapital und preisgünstige Abgabe von kommunalem Land)
  • Die politische Akzeptanz des kommunalen Wohnungsbaus ist nicht selbstverständlich. Gründe sind das direkte Engagement der Gemeinde, das viele Leute skeptisch sehen, und der hohe finanzielle und organisatorische Aufwand für die Gemeinde.

Welche Varianten gibt es?
Die Gründung einer Stiftung oder einer Genossenschaft ist verbreitet als Alternative zum kommunalen Wohnungsbau.
 

Wie kann die Initiative formuliert werden?

Aarau - Initiative «Raum für alle – Ja zu bezahlbarem Wohn- und Gewerberaum» - abgelehnt (November 2017)

Die Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde Aarau vom 23. Juni 1980 wird wie folgt geändert:
D. Förderung von preisgünstigem Wohn- und Gewerberaum
§ 10e 1. Grundsatz
1 Die Stadt setzt sich aktiv für den Erhalt und die Erhöhung des Anteils von preisgünstigem und qualitativ hochwertigem Wohn- und Gewerberaum auf dem Stadtgebiet ein. Sie achtet dabei auf eine nachhaltige Bauweise, einen hindernisfreien und altersgerechten Ausbau sowie eine gute soziale Durchmischung.
2 Die Stadt sorgt für eine stete Erhöhung der Anzahl Wohnungen, die sich im alleinigen und gemeinsamen Eigentum der öffentlichen Hand und von gemeinnützigen Wohnbauträgerinnen und Wohnbauträgern, welche dem Prinzip der Kostenmiete im Sinne der Gesetzgebung des Bundes über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum und den Grundsätzen nach Abs. 1 verpflichtet sind, befinden.

§ 10f 2. Förderungsmassnahmen und -mittel
1 Die Stadt erwirbt und erstellt Wohn- und Gewerbeliegenschaften, die sie selber nach dem Prinzip der Kostenmiete im Sinne der Gesetzgebung des Bundes über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum vermietet oder verpachtet. Sie kann sich zum gleichen Zwecke am Erwerb und an der Erstellung durch Dritte beteiligen.
2 Die Stadt erwirbt Grundstücke, die sie selber überbaut oder gemeinnützigen Wohnbauträgerinnen und Wohnbauträgern zu günstigen Zinsen im Baurecht abgibt.
3 Die Stadt setzt mit Massnahmen der Raumplanung Anreize, um Projekte zu fördern, die dem gemeinnützigen Wohnungsbau dienen.
4 Der Stadtrat legt in seiner Immobilienstrategie Richtlinien bezüglich Vergabe der Fördermittel und der Vermietung der städtischen Wohn- und Gewerberäume fest.
§ 10g 3. Berichterstattung
1 Der Stadtrat erstattet dem Einwohnerrat jährlich Bericht über die Entwicklung des Anteils von Wohnungen der öffentlichen Hand und von gemeinnützigen Wohnbauträgerinnen und Wohnbauträgern sowie über die getroffenen Massnahmen zum Erhalt und zur Förderung von preisgünstigem Wohn- und Gewerberaum.
IV Inkrafttreten
1 Die Änderungen der Gemeindeordnung gemäss §§10e – 10g wird nach deren Annahme durch die Stimmberechtigten und die Genehmigung durch das zuständige kantonale Departement vom Stadtrat in Kraft gesetzt.

 

Winterthur - Volksinitiative «Stiftung für bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum» - Gegenvorschlag angenommen (November 2014)

Die Initiative in der Form der allgemeinen Anregung hat folgenden Wortlaut:
Die Unterzeichnenden fordern, dass die Stadt eine Stiftung oder eine andere geeignete Trägerschaft errichtet mit dem Zweck, in der Stadt Winterthur den nicht renditeorientierten Bau von Wohnungen und Gewerberäumen zu fördern. Die Stiftung soll – auch in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern – Liegenschaften erwerben und diese nach den Grundsätzen der Kostenmiete zur Verfügung stellen. Die Stiftung orientiert sich dabei auch an ökologischen Kriterien wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Die Stiftung soll mit einem Grundkapital von mindestens SFr. 10 Mio. ausgestattet werden. Ein vom Gemeinderat zu beschliessender Erlass soll das Nähere regeln.

Der Stadtrat arbeitete daraufhin einen Gegenvorschlag aus, der einen Rahmenkredit für zinslose Darlehen vorsah. 2014 zog das Initiativkomitee die Initiative zugunsten des Gegenvorschlags des Stadtrats zurück. Im November 2014 stimmte das Volk dem Gegenvorschlag zu.
 

Uster - Volksinitiative «EcoViva – bezahlbar und ökologisch wohnen» - abgelehnt (September 2017)

Die Städtische Volksinitiative «EcoViva – bezahlbar und ökologisch wohnen» ist als allgemeine Anregung formuliert.

Uster braucht Wohnungen – bezahlbar für alle und nach ökologischen Standards gebaut. Die Stadt Uster gründet dazu eine öffentlich-rechtliche Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Stiftung soll preisgünstige und ökologisch vorbildliche Wohnungen sowie Gewerberäume in der Stadt Uster erhalten und schaffen. Sie kann dazu – allein oder zusammen mit weiteren Partnern – Liegenschaften kaufen und sanieren oder neu bauen. Sie ist gemeinnützig und verfolgt keine Gewinnabsicht. Das Stiftungskapital beträgt 10 Millionen Franken.