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Wie ökologisch bauen?

45 Prozent des Energiekonsums und 40 Prozent des Materialverbrauchs der Welt werden für den Bau und Betrieb von Gebäuden verwendet. Bauträger tragen also eine grosse Verantwortung: Mit einer sorgfältigen Bauweise können sie dazu beitragen, diesen Verbrauch zu minimieren und Ressourcen und Umwelt zu schonen.

Begriffsklärung
Energieeffizient, ökologisch und nachhaltig Bauen sind oft verwendete Schlagworte, meinen aber nicht ganz dasselbe. Vorab deshalb eine kurze Begriffsklärung:

Energieeffizienz: Bei einer energieeffizienten Bauweise geht es darum, den Energieverbrauch von Gebäuden so weit wie möglich zu reduzieren. Möglich ist dies zum Beispiel mit einer kompakten Bauweise mit wenig Wärmebrücken, einer sehr guten Dämmung der Gebäudehülle und dichten Fenstern, einer kontrollierten Lüftung, welche die Wärme zurückgewinnt und der passiven Nutzung der Sonneneinstrahlung. Theoretisch ist es möglich, Gebäude zu bauen, die keine Energie benötigen oder sogar mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen (Plusenergiehaus). Immer mehr Bauträger legen ausserdem Wert auf einen sparsamen Energieverbrauch bereits während der Bauphase (graue Energie). Die energieeffizienteste Bauweise ist aber nicht immer die ökologischste: Materialien mit sehr guten Dämmeigenschaften sind nicht zwingend auch umweltverträglich. Hier gilt es, den optimalen Kompromiss zu finden.

Ökologie: Ökologisch Bauen heisst  umweltverträglich bauen und möglichst schonend in den Kreislauf der Natur eingreifen. Dazu gehört natürlich ein minimaler Material- und Ressourcenverbrauch, aber auch Baustoffe, die sowohl bei der Herstellung und beim Transport als auch beim Einsatz und später beim Rückbau die Umwelt möglichst wenig belasten.

Nachhaltigkeit: Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung wurde 1987 durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung definiert. Dabei handelt es sich: «... um eine Entwicklung, die gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen ...». Bei einer nachhaltigen Entwicklung geht es nicht allein um die Umwelt, sondern ebenso um die Gesellschaft (soziale Nachhaltigkeit) und die Wirtschaft (ökonomische Nachhaltigkeit).

Wer ein Neubau- oder Sanierungsprojekt plant, sollte deshalb möglichst frühzeitig auch Überlegungen über Ökologie und Nachhaltigkeit mit einbeziehen – so lassen sich auch allfällige Mehrkosten dieser Bauweise auf einem tiefen Niveau halten. Vielfach sind auch Fördermittel oder Darlehen (z.B. aus dem Fonds de Roulement) an eine ökologische Bauweise geknüpft.

Neu bauen
Beim Neubau ist ein nachhaltiger Baustandard einfacher zu erreichen. Schliesslich hat man noch die Möglichkeit, die Gebäudekonzeption, Bauweise und Baumaterialien entsprechend zu wählen. Man sollte deshalb möglichst früh entscheiden, welchen Standard man anstreben will beziehungsweise, falls ein Architekturwettbewerb veranstaltet wird, dies in den Wettbewerbsvorgaben berücksichtigen.

Es gibt zahlreiche Wegleitungen, Richtlinien und Standards zum ökologischen Bauen. Nachfolgend einige der gebräuchlichsten:

Minergie
Das Label Minergie bewertet Gebäude nach ihrem Heizwärmebedarf und setzt Limiten für den Endenergieverbrauch. Das Label umfasst sechs Standards: Minergie (Basisstandard), Minergie-P (sehr hohe Energieeffizienz mit sehr tiefem Verbrauch), Minergie-Eco (Minergie und zusätzlich bauökologische und gesundheitliche Aspekte), Minergie-P-Eco (Minergie-P und zusätzlich bauökologische und gesundheitliche Aspekte), Minergie-A (Null- oder sogar Plusenergiehäuser, die ihren Energiebedarf mit erneuerbaren Energien selbst decken), Minergie-A-Eco (Minergie-A und zusätzlich bauökologische und gesundheitliche Aspekte).

2000-Watt-Gesellschaft
Eine wichtige Zielgrösse bei der Wahl des angestrebten ökologischen Standards setzt heute auch die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft. Das von der ETH Zürich entwickelte Modell sieht bis ins Jahr 2050 eine Reduktion des Energiebedarfs von heute 6000 Watt auf 2000 Watt pro Person vor. Dieser Wandel bedingt eine rigorose Anpassung der Infrastruktur und Lebensweise und soll ausserdem durch energieeffizientere Gebäude und Fahrzeuge, aber auch durch die Entwicklung neuer Technologien erreicht werden.

Als erste Gemeinde der Schweiz hat die Stadt Zürich in der Volksabstimmung vom 30. November 2008 die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft in ihrer Gemeindeordnung verankert. Darauf aufbauend hat die Stadt zum Beispiel Standards für ihre Bauprojekte erarbeitet und macht den Energieverbrauch der Bauten mit einem Gebäudeenergieausweis (Geak) transparent.

Bereits haben auch einige Baugenossenschaften erste Wohnsiedlungen erstellt, die den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft entsprechen oder planen solche.

MuKEn
Neben Zürich haben sich auch andere Kantone den Zielvorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft verschrieben oder strenge Energievorschriften für Bauten erstellt. Die MuKEn (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich) informieren über die energierechtlichen Bestimmungen im Gebäudebereich, die in allen Kantonen gelten. Gemäss MukEn haben zum Beispiel Neubauten und umfassend sanierte Gebäude den Minergie-Werten zu entsprechen.

SIA-Empfehlungen und Normen
Eine Orientierungshilfe für Bauträger ist auch die SIA-Empfehlung 112/1 «Nachhaltiges Bauen – Hochbau». Die Empfehlungen listen zu den drei Themenbereichen ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit total 36 Kriterien auf, die als eine Art Checkliste dienen. Ein mitgeliefertes EDV-Tool zeigt bei der Weiterbearbeitung automatisch die ausgewählten Kriterien an und führt für jede Projektphase genau auf, was zu tun beziehungsweise zu entscheiden ist. Die Norm SIA 380/1 «Thermische Energie im Hochbau» verlangt zudem einen massvollen Einsatz von Energie für Raumheizung und Warmwasser. 

Eco-Bau
Diese Plattform öffentlicher Bauherrschaften von Bund, Kantonen und Städten gibt Empfehlungen zum nachhaltigen Planen, Bauen und Bewirtschaften und publiziert auf ihrer Homepage nützliche Planungshilfen wie zum Beispiel Merkblätter für ökologisch sinnvolle Materialentscheide. 

Sanieren
Ein grosses Energieeinsparungspotential stellen die bestehenden Bauten dar. Viele Genossenschaftssiedlungen sind in den Nachkriegsjahren entstanden und entsprechen bezüglich Energie- und Ausbaustandard nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Wie sollen Baugenossenschaften mit diesen Siedlungen umgehen? Genügen laufende Unterhaltsarbeiten oder ist eine umfassende Erneuerung angezeigt? Lohnt sich eventuell ein Abbruch und Ersatzneubau? Das Amt für Hochbauten der Stadt Zürich hat eigens für gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften eine Checkliste herausgegeben, die diese schrittweise von der Problemanalyse über die strategische Planung von Erneuerungen bis hin zur Projektierung unterstützt. Ausserdem vergibt die Stadt Auszeichnungen für besonders nachhaltige Sanierungen. Auch die Förderstelle gemeinnütziger Wohnungsbau in Zürich berät Baugenossenschaften bei der Definition einer Strategie für ihre Siedlungen. In anderen Regionen, etwa in Bern, gibt es ähnliche Angebote. Baugenossenschaften erkundigen sich am besten beim Regionalverband ihres Kantons.

Bei umfassenden Erneuerungen oder Ersatzneubauten ist auch die Kommunikation mit den Genossenschaftsmitgliedern sehr wichtig. Projekte müssen frühzeitig angekündigt, die Betroffenen miteinbezogen und allenfalls Ersatzwohnungen angeboten werden. Tipps für eine optimale Kommunikation bei umfassenden Erneuerungsprojekten hat Wohnbaugenossenschaften Schweiz in einem Leitfaden zusammengestellt, der hier heruntergeladen werden kann.

Energetische Erneuerungen lohnen sich nicht nur der Umwelt und des verbesserten Wohnkomforts zuliebe. Wer bei einer Sanierung auf eine energetische Optimierung setzt, wird von verschiedensten Stellen belohnt. Sowohl der Bund mit seinem Gebäudeprogramm als auch die Kantone sowie diverse Gemeinden und sogar private Energieversorger wollen Anreize setzen und sprechen Fördermittel für energetische Erneuerungen. Etwas Übersicht im Förderdschungel bietet zum Beispiel die Website www.energie-franken.ch, die am gewählten Standort die aktuellen Förderprogramme auflistet. Eine spezielle Beratung über Fördermittel für energetische Erneuerungen bietet ausserdem Wohnbaugenossenschaften Schweiz an.
Tipp: Fördermittel für energetische Sanierungen müssen unbedingt vor Baubeginn beantragt werden. Im Nachhinein können keine Anträge mehr gestellt werden.