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Wie bauen?

Die Finanzierung ist sichergestellt, das Bauland gekauft oder der Baurechtsvertrag unterschrieben. Der Weg ist frei, neue genossenschaftliche Wohnungen zu erstellen. Wie sollen diese aussehen? Wie kommt die Genossenschaft zu einem guten Bauprojekt?

Dass Genossenschaftssiedlungen preisgünstiger sind als Wohnungen auf dem privaten Markt heisst nicht, dass Wohnbaugenossenschaften Abstriche machen bei der Qualität. Im Gegenteil. Das Konzept der Baugenossenschaften ist auf Langfristigkeit angelegt. Sie legen deshalb viel Wert auf Nachhaltigkeit sowie auf städtebauliche und architektonische Qualität. Wenn sie von einer Gemeinde Land im Baurecht erhalten, haben sie auch eine Verantwortung, Wohnungen von möglichst hohem Nutzwert und hoher Qualität zu erstellen. Neubauprojekte von Wohnbaugenossenschaften werden denn auch überdurchschnittlich oft mit Architekturpreisen ausgezeichnet (Beispiele: Baugenossenschaft Rotach: Siedlung Paul-Clairmont-Strasse; Baugenossenschaften Freiblick und Zurlinden: Siedlung Vista Verde; Baugenossenschaft Sonnengarten: Siedlung Hagenbuchrain; Familienheim-Genossenschaft Zürich: Siedlung Brombeeriweg.

Der Architekturwettbewerb
Um eine gute Qualität des Bauprojekts sicherzustellen, empfiehlt sich deshalb die Durchführung eines Architekturwettbewerbs. Die meisten Baugenossenschaften veranstalten bei grossen Neubauprojekten Wettbewerbe. Die Stadt Zürich etwa schreibt dies in ihren Baurechtsverträgen sogar vor. Es gibt aber immer noch Genossenschaften, die skeptisch sind und Wettbewerbe vor allem als Kostenfaktor betrachten.

Natürlich kostet ein Architekturwettbewerb etwas: Je nach Grösse und Komplexität des Projekts muss man mit Kosten zwischen 120’000 und 200’000 Franken rechnen, bei einem zweistufigen Verfahren ist es noch mehr. Gemessen an den Gesamtkosten sind diese Ausgaben aber tragbar.

Als Wegleitung für die Durchführung von Architekturwettbewerben hat der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) die Ordnung 142 herausgegeben. Diese definiert verschiedene Formen von Wettbewerben:
  • Offenes Verfahren: Der Wettbewerb ist öffentlich ausgeschrieben. Alle interessierten Fachleute können einen Vorschlag einreichen.
  • Selektives Verfahren: Der Wettbewerb ist öffentlich ausgeschrieben. Alle interessierten Fachleute können sich für die Teilnahme bewerben. Durch ein geeignetes Qualifikationsverfahren wählt der Auftraggeber diejenigen Büros aus, die sich für den Wettbewerb am besten eignen.
  • Einladungsverfahren: Der Auftraggeber wählt diejenigen Teilnehmer aus, die er direkt zum Wettbewerb einlädt.
Falls nicht eine öffentliche Stelle (zum Beispiel die Gemeinde als Baurechtsgeberin) ein bestimmtes Vorgehen verlangt oder gar den Architekturwettbewerb durchführt, kann man auch selbst ein Wettbewerbsverfahren organisieren.

Am einfachsten ist ein Studienauftrag auf Einladung. Sinnvoll ist es, je nach Grösse des Projekts drei bis zehn Büros einzuladen. Dabei berücksichtigt man idealerweise sowohl lokale Architekturbüros als auch etablierte Büros mit Erfahrung in Genossenschaftsprojekten sowie «Newcomer. Bei einem Studienauftrag auf Einladung wird allen eingeladenen Büros ein Grundhonorar für die Arbeit zugesprochen, üblich sind Beträge zwischen 10'000 und 20'000 Franken. Bei einem offenen Wettbewerb erhalten in der Regel nur die erstklassierten Projekte einen Beitrag.
Tipp: Die Ordnung SIA 142 ist eine wichtige Wegleitung bei der Durchführung von Wettbewerben. Es empfiehlt sich allerdings, in der Ausschreibung zu schreiben «wir orientieren uns an der Ordnung SIA 142» oder «sinngemäss nach SIA 142». So ist man freier in der Durchführung und muss sich nicht buchstabengetreu an die SIA-Ordnung halten.

Eine Anforderung von SIA 142, an die man sich halten sollte, ist die Zusammensetzung des Beurteilungsgremiums: Die Jury sollte mehrheitlich mit so genannten Fachpreisrichtern besetzt sein. Daneben dürfen aber auch Laien, so genannte Sachpreisrichter, vertreten sein. Idealerweise besteht also ein Jury zum Beispiel aus sieben Mitgliedern, davon vier Fachpreisrichter und drei Sachpreisrichter. Damit die Genossenschaft selbst nicht in die Minderheit versetzt wird, sollte sie dafür sorgen, dass sie die Sachpreisrichter stellen kann und dass auch unter den Fachleuten Vertreter der Genossenschaft fungieren. Wichtig ist auch, dass die Genossenschaft das Wettbewerbsprogramm selbst verfassen und somit sicherstellen kann, dass das Bauprojekt ihren Zielen entspricht.

Je nach Zielsetzungen (z.B. Minergie-P-Eco-Standard oder Kostenlimiten) muss das Programm entsprechend definiert werden und es sollen auch überprüfbare Kostenvorgaben gestellt werden. Im Rahmen der Vorprüfungen sollen weitere Fachleute beigezogen werden, um die Projekte hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Ökologie, Energieeffizienz und Kosten zu durchleuchten.

Bei der Vorbereitung und Durchführung eines Architekturwettbewerbs empfiehlt es sich auf jeden Fall, sich professionell beraten und begleiten zu lassen. Die Förderstelle gemeinnütziger Wohnungsbau in Zürich (und ähnliche Dienstleistungen in anderen Regionalverbände von Wohnbaugenossenschaften Schweiz) zum Beispiel unterstützt Baugenossenschaften bei der Auswahl der einzuladenden Architekturbüros und kann auch Büros vermitteln oder evaluieren, die sich auf die Durchführung von Architekturwettbewerben spezialisiert haben.

Eine Richtgrösse für die Qualität eines Bauwerks liefert auch das Wohnungs-Bewertungs-System des Bundesamts für Wohnungswesen. Das WBS ist ein Planungswerkzeug, das nicht die architektonische Qualität, sondern den Gebrauchswert für die Bewohnerinnen und Bewohner beurteilt.